Fristlose Vertragsauflösung wegen Verzögerung bei Aktionsaufbau: rechtswidrig (OLG)
Ein Pächter betrieb zwei Tankstellen einer Mineralölgesellschaft. Der nicht rechtzeitige Aufbau der Aktionsware an einer Tankstelle führte zur fristlosen Auflösung des Vertrages bezüglich dieser Tankstelle. Susanne Kuen konnte jedoch die Rechtswidrigkeit dieser Auflösung erfolgreich darlegen und Ausgleichsansprüche und Schadenersatz durchsetzen (OLG Linz 2012).
Infolge eines plötzlichen Krankheitsfalles konnte im Jahr 2007 an einer Tankstelle die Aktionsware nicht schon bei Tankstellenöffnung am 1. d. Monats präsentiert werden. Denn in den frühen Morgenstunden baute der Pächter die Aktion an der ersten Tankstelle auf, während er erst im Laufe des Vormittags an die zweite Tankstelle wechseln konnte, um die ausgefallene Mitarbeiterin zu ersetzen und die Aktionsware aufzubauen. Bereits davor hatte aber ein Mitarbeiter der Mineralölgesellschaft die zweite Tankstelle kontrolliert. Noch im Laufe des Tages erhielt der Pächter die fristlose Vertragsauflösung für die zweite Tankstelle. Da war die Aktionsware auch an dieser Tankstelle schon längst aufgebaut.
Auf das von unserer Kanzlei verfasste Forderungsschreiben reagierte die Mineralölgesellschaft in gewohnter Weise ablehnend.
Die Einleitung eines weiteren Gerichtsverfahrens zur Rechtswidrigkeit einer fristlosen Vertragsauflösung war damit unvermeidbar. Da der Pächter die Fortführung der anderen Tankstelle möglichst nicht gefährden wollte, wurde mit der Einbringung der Klage bis kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist im Jahr 2010 zugewartet.
Neben dem Vorwurf des Nichtaufbaus der Aktionsware behauptete die beklagte Partei – wie üblich – auch, dass der Pächter die Tankstelle nicht ausreichend sauber gehalten hätte. Dies wurde vom Pächter natürlich bestritten. Aber selbst wenn die Sauberkeit nicht optimal gewesen sein sollte, so lag dies daran, dass das betriebswirtschaftliche Ergebnis einen höheren Personaleinsatz nicht zuließ.
Das Erstgericht beauftragte einen betriebswirtschaftlichen Sachverständigen mit der Beurteilung der betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten des Pächters. Das Gutachten bestätigte auch diese Argumentation Susanne Kuens. Als nächstes beauftragte das Erstgericht einen Gutachter mit der Bestimmung des Provisionsäquivalents für den Folgemarkt.
Schließlich gab das Erstgericht der Klage auf Ausgleichsanspruch für den Treibstoffvertrieb und den Folgemarkt statt. Die beklagte Partei erhob gegen das Urteil Berufung, konnte allerdings nur erreichen, dass das Ersturteil – nach weiteren Verhandlungen – etwas ausführlicher begründet werden musste.
Fünf Jahre nach dem rechtswidrigen Ausspruch der fristlosen Vertragsauflösung musste die beklagte Partei nicht nur erhebliche Ausgleichsansprüche und Zinsen in Höhe von über 8% p.a an den Pächter zahlen, sondern auch die Sachverständigengebühren und Vertretungskosten ersetzen.
Susanne Kuen
Erstveröffentlichung: 07/2012
aktualisierte Fassung: 08/2015